blog single

zum blog archiv

Barrierefreiheit im Web: Die wichtigsten Gesetze und Vorschriften im Überblick

9

Lisa-Marie

beutragsgrafik mit rollstuhl- und paragraphensymbolen

Digitale Barrierefreiheit ist gesetzlich geregelt und betrifft alle Webseitenbetreiber. In diesem Artikel geht es um “Barrierefreiheit im Web: Die wichtigsten Gesetze und Vorschriften”, die Sie kennen müssen, um Ihre Webseite entsprechend anzupassen.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die EU hat mehrere Richtlinien zur Förderung der digitalen Barrierefreiheit, darunter den European Accessibility Act (EAA), der Unternehmen verpflichtet, barrierefreie Produkte und Dienstleistungen anzubieten.

  • In Österreich regeln das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) und das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) die digitale Barrierefreiheit und stellen sicher, dass öffentlich zugängliche digitale Angebote barrierefrei sind.

  • Die Einhaltung der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und europäischer Normen wie EN 301 549 ist entscheidend für die Umsetzung von Barrierefreiheit im Web und kann rechtliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung nach sich ziehen.

Wichtige EU-Richtlinien zur digitalen Barrierefreiheit

Die Europäische Union hat mehrere wichtige Richtlinien eingeführt, um die digitale Barrierefreiheit zu fördern und sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu Produkten und Dienstleistungen haben. Diese Richtlinien setzen Standards, die in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen, um eine einheitliche Barrierefreiheit zu gewährleisten.

European Accessibility Act

Der European Accessibility Act (EAA) wurde eingeführt, um den grenzübergreifenden Handel zu fördern und die Zugänglichkeit von Produkten und Dienstleistungen zu verbessern. Der EAA betrifft zahlreiche Bereiche wie:

  • E-Banking

  • E-Commerce

  • E-Books

  • E-Ticketing

Er stellt sicher, dass diese Angebote für alle Menschen zugänglich sind. Besonders für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen ist der EAA von großer Bedeutung, da er ihnen den Zugang zu wichtigen Dienstleistungen erleichtert.

Unternehmen sind verpflichtet, barrierefreie Produkte und Dienstleistungen anzubieten und die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen zu dokumentieren und aufzubewahren. Dies schafft nicht nur gleiche Chancen für Menschen mit Behinderungen, sondern eröffnet auch neue Marktchancen für Unternehmen, die barrierefreie Lösungen anbieten.

Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind international anerkannte Richtlinien, die Standards und Empfehlungen für die Gestaltung barrierefreier Webseiten festlegen. Diese Richtlinien wurden vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt und sind als internationaler Standard für die Webzugänglichkeit etabliert.

Die WCAG enthalten spezifische Erfolgskriterien, die Webseiten erfüllen müssen, um als barrierefrei zu gelten. Diese Kriterien sind in verschiedene Konformitätsstufen unterteilt: Stufe A, AA und AAA, wobei AA die Mindestanforderung für Barrierefreiheit darstellt. Um sicherzustellen, dass Webseiten für Menschen mit Behinderungen nutzbar sind, müssen sie den WCAG 2.2 Level AA entsprechen.

Nationale Gesetze zur Barrierefreiheit in Österreich

In Österreich gibt es mehrere nationale Gesetze, die die digitale Barrierefreiheit regeln. Diese Gesetze stellen sicher, dass alle öffentlich zugänglichen Angebote barrierefrei sind und niemand aufgrund einer Behinderung diskriminiert wird.

Zu den wichtigsten Gesetzen zählen das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) und das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG).

Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG)

Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) definiert Behinderung als Auswirkung von körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigungen sowie Beeinträchtigungen der Sinnesfunktionen. Ziel des BGStG ist es, Diskriminierungen aufgrund von Behinderungen zu verhindern und zu beseitigen und barrierefreie Zugänge zu Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zu schaffen.

Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG)

Das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) verpflichtet die Republik Österreich, Internetauftritte und mobile Anwendungen des Bundes barrierefrei zu gestalten. Auch private Unternehmen, die öffentliche Gelder erhalten, müssen barrierefreie digitale Angebote bereitstellen.

Dies stellt sicher, dass alle Bürger, unabhängig von ihren Fähigkeiten, Zugang zu wichtigen Informationen und Dienstleistungen, einschließlich sms dienste, haben.

Technische Standards und Normen

Technische Standards und Normen spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Barrierefreiheit im Web. Sie bieten klare Vorgaben und Kriterien, die eingehalten werden müssen, um sicherzustellen, dass digitale Angebote für alle zugänglich sind. Zu den wichtigsten Standards gehören die EN 301 549 und die Empfehlungen des World Wide Web Consortium (W3C).

EN 301 549

EN 301 549 ist eine europäische Norm, die Barrierefreiheitsanforderungen für IKT-Produkte und -Dienste festlegt. Diese Norm spezifiziert Anforderungen an die Barrierefreiheit der Informations- und Kommunikationstechnik des öffentlichen Sektors und bezieht sich stark auf die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 des W3C.

Die aktuelle Version der EN 301 549, veröffentlicht im März 2021, ist die harmonisierte Norm seit dem 12. August 2021 und wird in der BITV 2.0 als maßgeblicher Standard referenziert.

World Wide Web Consortium (W3C)

Das World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt und veröffentlicht Richtlinien zur barrierefreien Gestaltung von Webseiten. Die bekanntesten Richtlinien sind die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die als internationaler Standard für Webzugänglichkeit gelten.

Die aktuellen WCAG 2.1-Richtlinien sind in Englisch verfügbar, während die Vorgängerversion WCAG 2.0 auch in deutschen Übersetzungen vorliegt.

Praktische Schritte zur Umsetzung von Barrierefreiheit im Web

Um Barrierefreiheit im Web zu gewährleisten, sind konkrete Maßnahmen notwendig. Dazu gehört die Erstellung barrierefreier Inhalte, das Testen und Überprüfen der Barrierefreiheit sowie regelmäßige Schulungen und Sensibilisierung.

Barrierefreie Inhalte erstellen

Barrierefreie Inhalte sind der Schlüssel zu einer inklusiven Webseite. Texte sollten gut lesbar sein, mit starken Kontrasten und klaren Farben. Klare und kurze Sätze sowie eine aktive Sprache erleichtern die Verständlichkeit der Inhalte.

Alternativtexte für Bilder und Videos sind essenziell, damit auch Menschen mit Sehbehinderungen die Inhalte verstehen können.

Testen und Überprüfen der Barrierefreiheit

Die Barrierefreiheit einer Webseite sollte regelmäßig getestet und überprüft werden. Automatisierte Tools wie der Contrast-Checker von WebAIM und das Accessibility Evaluation Tool von Wave können dabei helfen, Barrieren zu identifizieren.

Manuelle Tests und Feedback von Nutzern mit Behinderungen bieten zusätzliche Einblicke und stellen sicher, dass die Webseite für alle zugänglich ist.

Schulung und Sensibilisierung

Regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen sind unerlässlich, um auf dem neuesten Stand über die Standards und Technologien zur Barrierefreiheit zu bleiben. Experten für Barrierefreiheit können dabei helfen, spezifische Probleme zu identifizieren und Lösungen zu finden.

Rechtliche Folgen bei Nichteinhaltung

Die Nichteinhaltung der Anforderungen an Barrierefreiheit kann schwerwiegende rechtliche Folgen haben. Dazu gehören Schadenersatzansprüche und Verwaltungsstrafen.

Schadenersatzansprüche

Konsumenten können Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn ihnen ein konkreter Schaden entstanden ist.

Unternehmen haben die Möglichkeit, gegen Bescheide des Sozialministeriumsservice Beschwerde einzulegen.

Strafen und Sanktionen

Verwaltungsstrafen für die Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben können bis zu 80.000 Euro betragen. Besonders bei einmaligen oder geringfügigen Verstößen wird dem Prinzip “Beraten vor Strafen” besondere Bedeutung beigemessen.

Vorteile einer barrierefreien Webseite

Barrierefreie Webseiten bieten zahlreiche Vorteile, darunter die Erschließung neuer Zielgruppen und die Verbesserung der Nutzererfahrung.

Erschließung neuer Zielgruppen

Barrierefreie Webseiten öffnen neue Kundenschichten, indem sie auch Menschen mit verschiedenen Behinderungen und Defiziten einbeziehen. Durch barrierefreie Webseiten können auch Personen mit Seh- oder Hörbehinderungen erreicht werden, die sonst ausgeschlossen wären. Dies trägt nicht nur zur sozialen Inklusion bei, sondern ermöglicht es Unternehmen auch, eine breitere Zielgruppe anzusprechen und neue Marktchancen zu nutzen.

Verbesserung der Nutzererfahrung

Eine barrierefreie Webseite sorgt dafür, dass:

  • Inhalte leichter verständlich sind

  • die Navigation intuitiver wird

  • die Zufriedenheit der Nutzer erhöht wird

  • die Webseite insgesamt benutzerfreundlicher wird

Außerdem profitieren ältere Menschen und Personen mit temporären Einschränkungen von einer barrierefreien Gestaltung, da sie einfacher auf die Inhalte zugreifen können.

Barrierefreie Webseiten achten auf ausreichende Kontraste und klare Farbgebung, was die Bedienung der Website angenehmer macht.

Beispiele erfolgreicher Umsetzung

Erfolgreiche Beispiele für barrierefreie Webseiten finden sich sowohl bei öffentlichen Institutionen als auch in der Privatwirtschaft.

Diese Beispiele zeigen, dass die Umsetzung von Barrierefreiheit nicht nur möglich, sondern auch vorteilhaft ist.

Öffentliche Institutionen

Kommunale Websites stellen Informationen zu Gemeinschaftseinrichtungen wie Wohnungswesen, Verkehrsplänen und Freizeiteinrichtungen bereit. Diese Websites müssen sicherstellen, dass die Informationen für alle Bürger zugänglich sind, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Einschränkungen.

Bildungswebseiten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, da sie sicherstellen müssen, dass Studierende mit unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen und Lernstilen unterstützt werden. Webseiten im Gesundheitswesen sollten zugänglich sein, damit jeder Zugang zu wichtigen medizinischen Informationen und Dienstleistungen hat.

Private Unternehmen

Private Unternehmen wie Apple und Microsoft sind führend in der Umsetzung von Barrierefreiheit auf ihren Webseiten. Apple’s Webseite umfasst Features wie Bildschirmleser-Kompatibilität und anpassbare Anzeigeoptionen, was sie zu einem Vorbild in Sachen Barrierefreiheit macht. Microsoft hat bedeutende Fortschritte in der Web-Barrierefreiheit gemacht, insbesondere durch das Anwenden von inklusiven Design-Prinzipien auf ihre gesamte digitale Präsenz.

Diese Beispiele zeigen, dass die Integration von Barrierefreiheit auch in der Privatwirtschaft erfolgreich umgesetzt werden kann.

Zusammenfassung

Die digitale Barrierefreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil einer inklusiven Gesellschaft und erfordert die Zusammenarbeit von Regierungen, Unternehmen und Einzelpersonen. Die EU-Richtlinien, nationalen Gesetze in Österreich und technischen Standards wie EN 301 549 und WCAG bieten klare Vorgaben für die Umsetzung. Durch praktische Schritte wie die Erstellung barrierefreier Inhalte, das Testen und Überprüfen der Barrierefreiheit sowie kontinuierliche Schulungen können wir sicherstellen, dass niemand aufgrund von Barrieren ausgeschlossen wird.

Barrierefreie Webseiten bieten zahlreiche Vorteile, einschließlich der Erschließung neuer Zielgruppen und der Verbesserung der Nutzererfahrung. Erfolgreiche Beispiele aus öffentlichen Institutionen und der Privatwirtschaft zeigen, dass die Umsetzung möglich und lohnenswert ist. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, das Internet zu einem inklusiveren Ort zu machen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist Barrierefreiheit in der IT?

Barrierefreiheit in der IT bedeutet den ungehinderten Zugang zu Gebäuden, Transportmitteln und Informationen, insbesondere im Internet. Es fördert die Chancengleichheit und Teilhabe.

Was ist der European Accessibility Act (EAA)?

Der European Accessibility Act (EAA) ist eine EU-Richtlinie, die die Zugänglichkeit von Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen verbessert, um den grenzübergreifenden Handel zu fördern. Er betrifft verschiedene Bereiche wie E-Banking, E-Commerce und E-Books.

Was sind die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)?

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind internationale Richtlinien zur Gestaltung barrierefreier Webseiten, entwickelt vom World Wide Web Consortium (W3C). Sie enthalten spezifische Erfolgskriterien, die Webseiten erfüllen müssen, um als barrierefrei zu gelten.

Welche nationalen Gesetze regeln die Barrierefreiheit in Österreich?

In Österreich regeln das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) und das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) die Barrierefreiheit, wobei das BGStG Behinderung definiert und die Schaffung barrierefreier Zugänge fordert, während das WZG die Barrierefreiheit von digitalen Dienstleistungen vorschreibt.

Welche technischen Standards unterstützen die Barrierefreiheit im Web?

Die wichtigsten technischen Standards zur Unterstützung der Barrierefreiheit im Web sind die europäische Norm EN 301 549 und die Empfehlungen des World Wide Web Consortium (W3C), insbesondere die WCAG.

Lisa-Marie Taitl

Ich bin Expertin für barrierefreie Webseiten und habe 2021 die Zertifizierung zum Accessibility Expert bei der Incite abgeschlossen. Seitdem habe ich viele Webseiten auf Barrierefreiheit geprüft und selbst gestaltet. Ich bin deine Ansprechpartnerin für Design, Layout, Accessibility, Kampagnen, Ads und Social Media. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass deine Webseite funktioniert und für alle zugänglich ist!

mehr zum thema accessibility, juristisches

beitragsbild mit rollstuhl- und durchgestrichenes augensymbol

Wie Sie Ihre Website für Sehbehinderte Zugänglich Machen: Tipps & Tools

Möchten Sie Ihre Website für sehbehinderte Nutzer zugänglicher machen? In diesem Artikel erfahren Sie, wie ...
beitragsbild mit rollstuhl- und würfelsymbolen um 10 prinzipien zu symbolisieren

10 grundlegende Prinzipien für barrierefreies Webdesign: So erreichen Sie alle Nutzer!

Barrierefreiheit ist elementar für inklusives Webdesign. Dieser Leitfaden führt Sie durch die “10 grundlegende Prinzipien ...
grafik mit rollstuhl und fragenzeichen warum barrierefreiheit wichtig ist.

Was ist barrierefreies Webdesign und warum ist es wichtig? – Ein essenzieller Leitfaden für alle Webgestalter.

Was ist barrierefreies Webdesign und warum ist es wichtig? Barrierefreies Webdesign ist essentiell, um das ...
barrierefreiewebseiten von digital now marketing

barrierefreie webseiten für kmu in österreich

das thema barrierefreiheit im web/internet ist für viele betreiber von webseiten noch ein buch mit ...
so sieht ein accessibility audit bei uns aus

ablauf accessibility audit

kurz gefasst: nachfolgend geben wir einen strukturierten überblick über den ablauf einer accessibility prüfung mit ...
neues eugh urteil zu cookies - aktive einwilligung zwinged notwendig

01.10.2019 – Neues EuGH Urteil zu Cookies

UPDATE: Neues Urteil zu Cookies – aktive Einwilligung zwingend notwendig Der EuGH beschäftigt sich schon ...